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Notizen von einem Besuch im Tamm-Museum

Dezember 14th, 2008 · No Comments · Anschaulich, Antimilitarismus, Foto, Hamburg - Stadt im Norden

Am 10.12. folgte ich einer Einladung und besuchte das im Sommer in der HafenCity neu eröffnete Internationale Maritime Museum Hamburg – auch bekannt als Tamm-Museum, so bezeichnet nach seinem Stifter – Peter Tamm.

Das Museum befindet sich in dem historischen Kaispeicher B mit mehreren Tausend Quadratmetern Ausstellungsfläche, der von der Stadt aus öffentlichen Geldern (immerhin 30 Mio. €) renoviert und dann der „Peter Tamm sen. Stiftung“ für 99 Jahre in mietfreier Erbpacht überlassen wurde. Freundlicherweise hat die Stadt Hamburg gleich jegliche Einflussnahme auf das, was in dem Gebäude fortan geschieht gleich mit abgetreten. (So läuft das halt mit der Privatisierung öffentlichen Eigentums… (zur Erinnerung: privatisieren: lat.von privare ~ rauben))

Seit Juni 2008 findet sich in dem Kaispeicher nun auf 9 Etagen eine Ausstellung der Modellschiff-, Handwaffen und Militaria-Sammlung Peter Tamms. Ergänzt wird dieses Sammelsurium durch verschiedene Ausstellungselemente, die von Unternehmen wie z.B. dem Logistik-Unternehmen Kühne&Nagel oder dem Luxus-Reiseveranstalter Sea Cloud Cruises gestellt wurden: Public Private Partnership par excellence… Das Bekanntwerden der Ausstellungspläne hatte in den vergangenen vier Jahren verschiedenste Kritik laut werden lassen. So wurde 2006 von der Initiative Tamm-Tamm die Aktion „Künstler informieren Politiker“ gestartet (mehr dazu siehe hier). Die aktuelle Gestaltung des Museums ist sicher auch als Antwort darauf zu lesen, wenn auch eine bemühte. Auch bei der Eröffnung des Museums war kreativ protestiert worden (siehe z.B. hier)

Aber zurück zu meinem Besuch (Fotos finden sich hier): Dass es gleich militaristisch wird, wurde schon am Eingang deutlich, an dem die Besucher mehr oder weniger freundlich von zwei Kanonen begrüßt werden. Wir begannen unseren Rundgang im 9.Deck des Museums in dem sich mehrere Tausend Modellschiffe im Maßstab 1:1250 finden und begannen dann den Abstieg. Dass diese Modelle nicht nur für kleine und große Kinder interessant sind, sondern auch für den Luftkrieg, wenn es z.B. darum geht, Schiffe aus der Luft zu identifizieren, wird für die Besucher_innen an einer „Zeppelin-Kanzel“ aus der man aus 2000m Höhe auf das Meer und die dort „fahrenden“ Schiffe blicken kann, direkt erfahrbar gemacht…

Folgende Ensembles können meines Erachtens stellvertretend für den Charakter des Museums gelesen werden: Hier sehen wir verschiedene nebeneinander drapierte Harpunenköpfe in der Etage zum Thema „Meereskunde“. Und hier eine Parade der härtesten, längsten, dicksten, und spitzesten Torpedospitzen der Menschheits- bzw. Seekriegsgeschichte:
Das der Ausstellung zugrundeliegende Menschenbild wird in der vierten Etage auf der es um das „Zeughaus der Geschichte“ gehen soll, unumwunden deutlich. Sozialgeschichtliche Aspekte fehlen in der Ausstellung komplett. Der Eingang in den Ausstellungsraum, der von Waffen aller Couleur nur so strotzt, ist überschrieben mit „Vom Faustkeil zum Maschinengewehr“.
An der Seitenwand wird in einer Abfolge die vom Urmenschen, der mit seinem Faustkeil wahrscheinlich nichts besseres zu tun hatte, als seinen Artgenossen die Kehlen durchzuschneiden, über assyrische Schildkämpfer mit Schwert und Schild, englische Artilleristen, über deutsche Seesoldaten bis hin zum postmodernen Soldaten der Jetztzeit die Entwicklungsgeschichte des Menschen à la Peter Tamm dargestellt. Für ihn scheint die größte Kulturleistung der Menschheitsgeschichte im Entwickeln immer ausgeklügelter Mordwerkzeuge zu bestehen.
Das wird auch aus Aussagen aus seinem Munde wie „Kampf ist nun mal die Basis der Natur“, „Die ganze Natur besteht ausschließlich aus Fressen und Gefressenwerden. Nur der, der sich wehren kann, überlebt auch.“ oder „Die Seefahrt ist eine grandiose Auslese für Menschen überhaupt.“ deutlich. (höre dazu diesen kurzen Deutschlandradio-Beitrag vom 23.06.08) Was das jedoch wiederum mit einem maritimen Museum zu tun hat, bleibt dahingestellt.

Die Lehre aus dem allen bisherigen Kriegen der Menschheitsgeschichte sollte es eigentlich sein, dafür zu sorgen, solch hoffnungslos rückschrittliche und sozialdarwinistische Menschenbilder wie sie der Ausstellung im IMMH des Herrn Tamm zugrunde liegen, aus den Köpfen der Menschen zu verbannen, doch die Hamburger Eliten scheinen doch noch allzu sehr auf diesem Level zu ticken… Wirklich verwunderlich ist das jedoch leider nicht, denn die Verbreitung eines solchen Menschen- und Weltbilds ist schließlich Voraussetzung für den Nachwuchs einer Armee, die momentan für die Interessen der deutschen Wirtschaft und der deutschen Geopolitik am Hindukusch oder im Westpazifik Krieg führt.

Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, ist, wie Führungen mit Schulklassen durch das Museum ablaufen und was dort vermittelt wird. Ein Bundeswehr-Werbestand im Foyer des Museums wäre jedenfalls im Sinne des Museums durchaus folgerichtig…
Fazit meinerseits: Spleenige Menschen, deren größte Leidenschaft das Sammeln ist, sind nichts Ungewöhnliches und auch prinzipiell nichts Problematisches. Ärgerlich wird es jedoch dann, wenn diese Menschen ausgerechnet rechtskonservative Waffennarren sind und die Stadt Hamburg ihnen mit viel Steuergeldern auch noch eine Plattform für die großspurige Präsentation ihres Nippes bereitstellt.

Weiterlesen und -hören:

Internationales Maritimes Museum

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